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Juristische Argumente gegen die Zusatzreduzierungen (30/40%) der Fremdrente.

Widerspruch, Klage, Berufung, Revision oder Verfassungsbeschwerde.

 
 

Die 30/40 % Reduzierung der Rente ist eine Regelung, die der Gesetzgeber getroffen hat, die aber noch nicht vom Verfassungsgericht bestätigt wurde. Diese Regelung kann man mit guten Argumenten widersprechen. Erst eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann diese Benachteiligung eventuell rückgängig machen.

Ich empfehle allen, einen Widerspruch (Rentenversicherungen), danach Klage (Sozialgericht), Berufung (Landessozialgericht), Revision (Bundessozialgericht) und schließlich Verfassungsbeschwerde (Bundesverfassungsgericht) gegen diese Regelung einzureichen. Wenn das Bundesverfassungsgericht eventuell diese Regelung zu Fall bringt, werden nur diejenigen davon profitieren, die den Rentenbescheid nicht anerkannt haben (d.h. die Widerspruch, Klage etc. eingereicht haben) und diejenigen die später den Rentenantrag stellen.

Widerspruch bei den Rentenversicherungsträgern , Klage vor dem Sozialgericht und Berufung vor dem Landessozialgericht sind kostenlos. Kosten fallen nur dann an, wenn man sich von einem Anwalt beraten oder vertreten läßt, vgl. Die "40 % Kürzung" - Verfahrensrechtliche Problematik

Im folgenden findet man eine Begründung, die zeigt welche Punkte man ansprechen muß. Diese muß durch Hinweise auf die eigene Benachteiligung und Situation ergänzt werden.

Der Artikel bildet eine persönliche Meinungsäußerung des Verfassers und ist als kostenlose Hilfe für Betroffene gedacht. Diesen Text kann jeder kopieren und verwenden. Eine rechtliche Haftung soll damit nicht begründet werden.


Gliederung

A. Einleitung

B. Verfassungsrechtliche Einwände C. Fazit: Die 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung bildet eine gesetzlich verordnete Deklassierung, Enteignung und Plünderung. 

A. Einleitung

I. Grund der Beanstandung: Die 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung der Fremdrente (§ 22 Abs. 4 FRG)

 Hiermit lege ich Verfassungsbeschwerde aus allen rechtlichen Gesichtspunkten gegen das Urteil des LSG Stuttgart vom 1.8.97 L 8 J 3873/96 ein. Die Regelung (§ 22 Abs. 4 FRG), daß die maßgeblichen Entgeltpunkte, mit dem Faktor 0,7 zu vervielfältigen sind, verstößt gegen die Art. 3 I, Art. 3 III, Art. 33 I, Art. 1 und Art. 116, Art. 6 I, Art. 2 I i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 III, sowie Art. 14 I und Artikel 1 des Grundgesetzes sowie dem Eingliederungsprinzip (BVerfGE 14, 221, 225 ff.; 43, 213, 220), da der Gesetzgeber gezwungen ist, die Ausgestaltung des Rechts (auch des Fremdrentenrechts) am Grundgesetz zu orientieren. Durch die Zusatzreduzierung wird die Rente um ca. 700 DM monatlich verringert.

 II. Verfassungsmäßigkeit aller anderen Änderungen des FRG stehen außer Frage.

Das Rentenreformgesetz von 1992 bringt für alle Rentenbezieher (Bundesdeutsche und Aussiedler) finanzielle Nachteile. Mit Ausnahme der 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung (§ 22 Abs. 4 FRG) bewegen sich alle im Rahmen des Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers und werden nicht beanstandet.

In den 80ger Jahren wurde von verschiedener Seite behauptet, die Aussiedler bekämen viel zu hohe Renten und daher sei eine Kürzung notwendig. Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger ist dieser Vermutung nachgegangen. Dabei stellte sich heraus, daß bei den 1988 zugegangenen Renten auf der Basis von 15 und mehr Versicherungsjahren, in den Angestelltenrenten die Renten von Aussiedlern etwa 5 Prozent höher lagen als die Vergleichsrenten für bundesdeutsche Rentenbezieher. Völlig anders war die Situation in der Arbeiterversicherung und den Knappschaftlichen Rentenversicherung, hier lagen die Aussiedlerenten erheblich niedriger. Auf die letzten beiden Versicherungszweige entfielen aber 62 Prozent der Aussiedlerrenten. Das Institut der deutschen Wirtschaft stellte daher fest: "Überwiegend sind also die Renten der Einheimischen höher als die Renten der Aussiedler" (a. O. S. 15, vgl. unten). Auch ohne die 30/40 % Zusatzreduzierung sind also die Renten von Aussiedlern geringer als die von bundesdeutschen Rentenbeziehern.

Damit es nicht nur im statistischen Durchschnitt keine Besserstellung von Aussiedlern gibt, sondern es wirklich in keinem einzigen Fall mehr zu Besserstellungen kommt, wurden im Fremdrentenrecht verschiedenen Änderungen vorgenommen (z.B. Berechnung der Rente nach Qualifikations- und nicht mehr nach Leistungsgruppen). Diese bringen für alle Aussiedler finanzielle Nachteile. Auch diese Änderungen bewegen sich im Rahmen des Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers und werden nicht beanstandet.

III. Bedeutung der Rechtssache.

Das hier aufgeworfene Rechts- und Verfassungsproblem ist noch nicht geklärt worden, daher hat die Sache grundsätzliche Bedeutung. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn die in der Rechtssache zu klärende Rechtsfrage auf eine Vielzahl von anderen Rechtsfragen, die noch zur Entscheidung anstehen, angewendet werden kann.

In der Rechtsprechung der Gerichte der Bundesrepublik ist z.B. noch nicht geklärt worden, ob § 20 Abs. 4 FRG eine offensichtliche willkürliche Diskriminierung der Fremdrentenberechtigten untereinander sowie gegenüber den Bundesdeutschen beinhaltet. So sind Spätaussiedler aus Polen sowie Verfolgte des Nationalsozialismus oder Staatenlose nicht von den Kürzungen betroffen. Auch Bundesdeutsche müssen nicht eine Pauschale Zusatzkürzung von 30/40-Prozent in Kauf nehmen. Aber auch andere Rechtsfragen sind noch nicht geklärt.

Gerechtigkeit und Solidarität (SPD), christliche Nächstenliebe und Gemeinsinn (CDU/CSU), Verantwortungsdemokratie (FDP), Menschenrechte (Die Grünen) sind Werte, die Parteien aufgrund der hervorgehobenen Rolle, die Ihnen das Grundgesetz in Artikel 21 im Gegensatz zu allen anderen Interessengruppen zuspricht, verfolgen bzw. jetzt im Wahlkampf zumindest rhetorisch wiederbeleben.

Demokratische Entscheidungen bringen die Meinung der jeweiligen Mehrheit zum Ausdruck. Wie wir vor allem aus verschiedenen Anlässen in der deutschen Geschichte wissen, hat dies nicht immer etwas mit Gerechtigkeit zu tun.

Die Bonner Republik bildet hier eine Zäsur. Nicht nur die wirtschaftlichen Leistungen der Nachkriegszeit sind einzigartig, Deutsche haben auch in anderen historischen Epochen gezeigt, daß sie zu wirtschaftliche Leistung fähig sind. Die moralische Dimension der Politik bildete Anlaß zur Bewunderung. Sowohl die Legislative, als auch die Exekutive und Judikative haben Großes geleistet. So sollte es sein.

Die Realität sieht anders aus: In der Berliner Republik haben sich die Parteien zu Dachverbänden von verschiedenen Interessengruppen entwickelt. Im Laufe dieses Prozesses ist die Gemeinwohlorientierung verloren gegangen. Auf der Strecke geblieben sind erstmals Minderheiten, die von keinem "Dachverband" zur Mehrheitsbeschaffung gebraucht werden. Die entscheidenden politischen Parteien (CDU/CSU, SPD und FDP) und deren Politiker werden zwar von ca. zwei Drittel der wahlberechtigten Bürger gewählt, sie sind aber Repräsentanten aller Bürger, aber auch aller zukünftigen Generationen. Es verbietet sich daher, wie dies in den 90er Jahren geschehen ist, daß die oben genannten Parteien Änderungen am Generationenvertrag nur an den Interessen Ihrer wahlberechtigten Klientel orientieren.

Der Verlust der moralischen Dimension des Politischen trifft nicht nur Minderheiten. Eine kurzsichtige Orientierung an den Interessen der wahlberechtigten zwei Drittel der Bürger zerstört auf Dauer die Fundamente dieser Gesellschaft und läuft langfristig auch gegen die derzeitig Begünstigten.

Politik, Moral, Recht und Wirtschaft bilden keine unabhängigen Subsysteme, die jeweils einem eigenen Code gehorchen und nicht aufeinander wirken (Niklas Luhmann), sondern sind verschiedene Dimensionen ein und derselben Sache.

Die Berliner Republik ist durch Stillstand in den Köpfen und die Beweglichkeit im Rückgrat gekennzeichnet. Wendigkeit in den Köpfen und Standfestigkeit im Rückgrat waren dagegen Attribute der Bonner Republik.

Aussiedler mußten diese Fehlentwicklungen besonders schmerzhaft erfahren, da sie nicht nur wie alle anderen Bundesbürger von Rentenkürzungen (Rentenreformgesetz von 1992 und das Wachstums- und Förderungsgesetz von 1996) betroffen sind, sondern auch als einzige Gruppe eine Zusatzreduzierung 1992 von 30/40% und seit 1996 von 40% in Kauf nehmen müssen.

Die Aussiedler sind in der Rentenversicherung nicht auf Solidarität oder christliche Nächstenliebe angewiesen, sondern sie leisten selber einen Solidaritätsbeitrag.

"Hätten wir keine Aussiedler in Deutschland, fiele der Beitragssatz zur Rentenversicherung um 0,3 Prozentpunkte höher aus" (Parlaments-Protokolle 13/185, 27.06.97 S.16793 D), so MdB Walter Hirche (FDP). Der CDU-Sozialexperte Volker Kauder MdB warnte im Mannheimer Morgen vom 15.4.1997 diejenigen, die sogar für eine Herausnahme der Aussiedler aus der Rentenversicherung plädieren: "Wenn diese Leute (gemeint sind die Aussiedler) eine eigene Kasse aufmachen würden, läge der Beitrag bei nur zwölf Prozent". Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln behauptet in einem Gutachten, daß die Aussiedler-Integration "eine gravierende, weit ins nächste Jahrhundert reichende Entlastung der Kranken- und insbesondere der Rentenversicherung" bewirke, vergleiche weitere Details im Onlineforum Fremdrente: http://home.t-online.de/home/Johann-Lauer/fremdren.htm

Aufgrund dieser von allen Experten anerkannten Leistungen der Aussiedler verbietet sich geradezu eine Diffamierung der Fremdrente als ungerechtfertigte Leistung. Die Tatsache, daß die einen für ihre Rentenanwartschaften Beiträge in die deutsche Rentenversicherung gezahlt haben und die anderen zum Teil nicht, ist aufgrund des Charakters der Rentenversicherung (Generationenvertrag, Umlageverfahren) ein nicht zu beachtender Unterschied.

Die Rentenversicherung ist im Unterschied zur Lebensversicherung ein Generationenvertrag und basiert auf dem Umlageverfahren.

Die Schwierigkeiten der Rentenversicherung sind:

      1. auf die Überalterung der Bevölkerung zurückzuführen.
2. tragen Globalisierung und Rationalisierung zur Schrumpfung der Lohnquote bei. Lohnbasierte Rentensysteme, wo die Alterssicherung im wesentlichen über die Lohnquote funktioniert, sind davon besonders betroffen.

3. sind nicht alle Bevölkerungsgruppen in die Altersversicherung eingebunden.

4. werden nicht alle personengebundene Einkommen und Vermögen zur Alterssicherung herangezogen.

5. Kausal- statt Finalprinzip bei der Vergabe von Leistungen.

Die Aussiedler müssen als Sündenböcke für die systembedingten Fehlentwicklungen in der Rentenversicherung herhalten. Auch wenn die Aussiedler überhaupt keine Fremdrente mehr erhalten sollten, so wären damit die Schwierigkeiten der Rentenversicherung nicht überwunden. Es fehlen Visionen und Konzepte, mit deren Hilfe man in zwanzig bis dreißig Jahren den Sozialstaat sichern kann. Anstatt Konzepte zu entwickeln, die für alle Beteiligten einen Mehrwert bringen, inszenieren viele Politiker nur Nullsummenspiele, Westdeutsche gegen Ostdeutsche und Aussiedler, Familien mit Kindern gegen Kinderlose, Jung gegen Alt, Arbeitnehmer gegen Beamte und Selbständige.

Nicht wirtschaftliche Motive waren für die Aussiedlung ausschlaggebend, obwohl die viele in der Bundesrepublik außer Wirtschaftsmotiven kaum andere Handlungsmotive bei Menschen erkennen können, nach dem Motto: Wirtschaft ist die Basis, alles andere ein unbedeutender Überbau. Sicherlich spielten auch wirtschaftliche Überlegungen bei dem einen oder anderen Aussiedler eine Rolle. Die Deklassierung im Laufe eines Jahrhunderts zu Bürgern zweiter Klasse war jedoch das Hauptmotiv für alle Deutsche aus Osteuropa, in die Bundesrepublik zu übersiedeln. Alle versprachen sich hier Gerechtigkeit, d.h. Bürger mit gleichen Rechten und Pflichten zu sein. Vor allem aufgrund des Zweiten Weltkrieges wurden die Deutschen in Ost- und Südosteuropa zu Bürgern zweiter Klasse. Eine Benachteiligung, die nach wie vor in diesen Ländern etwas abgemildert weiter besteht, die für diese Menschen nun auch in der Berliner Republik eingeführt wird. Das Rentenreformgesetz von 1992 bildet dazu den ersten Schritt, 1996 haben sich im Rentenbereich diese Benachteiligungen noch weiter vergrößert.

"In der Demokratie des Grundgesetzes herrscht nicht die Mehrheit über die Minderheit, vielmehr übt die Mehrheit Ihre Befugnisse in Respekt vor den Rechten des Einzelnen aus" (Prof. Dr. Paul Kirchhof, Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und Professor für Öffentliches Recht in Heidelberg, FAZ vom 18.9.1987, Seite 11). Solche Ansprüche hatten, zumindest auf dem Papier, auch die Kommunisten. Sowohl in den Ostblockstaaten als auch in der Berliner Republik (vor allem in der Rentenversicherung) hatte der Kläger als Mitglied der deutschen Minderheit bzw. als "deutschstämmige" Aussiedler das Gegenteil erfahren müssen: nämlich Deklassierung und Enteignung (vgl. die Gesetzgebung seit 1990 in der BRD, die die Aussiedler betreffen).

Es ist daher ein Armutszeugnis, daß nicht das Grundgesetz die deutschen Aussiedler aus Polen vor einer Ungleichbehandlung und Diskriminierung schützt, sondern ein Abkommen mit einer kommunistischen Diktatur. Die Renten der Aussiedler aus Polen sind aufgrund eines Sozialabkommens aus den 70er Jahren mit dem kommunistischen Polen nicht von den Zusatzreduzierungen betroffen.

Als Minderheit sind Aussiedler in diesem Fall nicht auf die Solidarität, hingegen sehr wohl auf den Gerechtigkeitssinn der Mehrheit angewiesen. Im Umgang mit Minderheiten zeigt sich, welche Bedeutung man seinen eigenen moralischen Ansprüchen zumißt. Die 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung bildet eine gesetzlich verordnete Deklassierung, Enteignung und Plünderung einer wehrlosen Minderheit.

Den Aussiedlern wurde von Seiten aller Repräsentanten des deutschen Staates immer versichert, daß Sie in der Bundesrepublik einen sicheren Zufluchtsort haben, wo sie gleichberechtigte Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten sind. Durch diese Deklassierung werden auch international eingegangene Verpflichtungen verletzt, die noch gar nicht behandelt wurden bzw. falls notwendig, vor dem Europäischen Gerichtshof zur Verhandlung gelangen werden.

"Die dritte Gewalt gibt dem Einzelnen gegenüber Verwaltung, Regierung und Gesetzgebung beim Kampf um das Recht Waffengleichheit und befähigt ihn, seine verfassungsrechtlich verbürgten Individualrechte gegenüber jeder anderen Staatsautorität, selbst gegenüber dem einhelligen Willen aller Staatsbürger durchzusetzen" (Kirchhof a. O.). Kirchhof bringt nicht nur seine Auffassungen zum Ausdruck, sondern die in der Bundesrepublik seit Jahrzehnten herrschende Meinung.

Die Hoffnung, daß die Parteien wieder ihre Gemeinwohlverpflichtung gerecht werden und die Ungleichbehandlung der Aussiedler speziell in der Rentenversicherung nicht weiter vorantreiben, sondern diese sogar rückgängig machen, haben die Aussiedler aufgegeben. Allein die Justiz kann noch verhindern, daß Aussiedler nicht mit Bärbel Boley feststellen müssen: "Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat".

Trotzdem vertrauen wir in den deutschen Rechtsstaat. Das Urteil von Boley trifft für die Bonner Republik nicht zu. Wir hoffen, daß es auch den Verhältnissen in der Berliner Republik nicht gerecht wird, auch wenn es noch einige Zeit dauern wird, bis die Benachteiligungen für Aussiedler von deutschen Gerichten korrigiert werden.

Nur die dritte Gewalt gibt Anlaß zur Hoffnung, daß auch in den beiden ersten Gewalten der Stillstand in den Köpfen und die Beweglichkeit im Rückgrat wieder durch Wendigkeit in den Köpfen und Standfestigkeit im Rückgrat ersetzt werden.

Die wichtigsten Änderungen des Steuerrechts fielen in der Berliner Republik erst nach entsprechenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts über das Existenzminimum, die Zinsbesteuerung, das Kindergeld und die Einheitswerte. Das Familienurteil von 1992 und ein zukünftiges Urteil über die Fremdrente könnten endlich in der Rentenpolitik wirkliche "Jahrhundertwerke" entstehen lassen. Solange die Politik auf Sündenböcke zurückgreifen und durch unberechtigte Kürzung von Ansprüchen notwendige Entscheidungen verschieben kann, sind in der Rentenversicherung keine entscheidenden Änderungen zu erwarten. Wir hoffen, daß auch in diesem Falle Recht gesprochen wird, und daß mit Hilfe der dritten Gewalt mein Mandant seine ihm zustehende Grundrechte wahrnehmen kann.

Die Frage ist verfassungsrechtlicher Natur, tatsächlich klärungsbedürftig und von umfassender Bedeutung.

B. Verfassungsrechtliche Einwände

I. Verstoß gegen Art. 3 I und III sowie 33 I GG: Wesentlich Gleiches wird ungleich behandelt.

 In diesem Fall erfolgt erstens eine unerlaubte (Art. 3 I GG) Ungleichbehandlung gegenüber bundesdeutschen Rentenbeziehern, zweitens gegenüber Aussiedlern, die aus Polen kommen, und drittens gegenüber denjenigen Aussiedlern, die vor dem 1.1.1991 ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hatten. Ein vernünftiger aus der Natur der Sache sich ergebender oder einleuchtender Grund der Differenzierung ist nicht ersichtlich. Durch die 30/40 %- Zusatzreduzierung (§ 22 Abs. 4 FRG) wird die Gleichbehandlung und Eingliederung der Deutschen aus Ost- und Mitteleuropa abgeschafft.

Als Differenzierungsmittel wurde erstens eine unzulässige Unterscheidung zwischen Bundesdeutschen und Aussiedlern gewählt. Die Tatsache, daß die Einen Beiträge zahlen und die Anderen zum Teil nicht, ist aufgrund des Charakters der Rentenversicherung (Generationenvertrag, Umlageverfahren) ein nicht zu beachtender Unterschied. Zweitens wird eine unzulässige Unterscheidung zwischen den Aussiedlern aus Polen und drittens zwischen denjenigen Aussiedlern, die vor dem 1.1.1991 ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hatten.

Art. 3, I GG gebietet, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich behandelt werden. Das FRG bewirkte zunächst eine Gleichbehandlung von Bundesdeutschen und Aussiedlern sowie zwischen allen Aussiedlern untereinander. Diese Gleichbehandlung wird durch die 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung wieder aufgehoben. Damit wird Art. 3 I GG verletzt. Weiterhin werde ich nur aufgrund meiner Herkunft mit einer Zusatzreduzierung meiner Rente um 30/40 % Prozent ungleichbehandelt (Art. 3 III). Hinzu kommt, daß damit drei Gruppen von deutschen Staatsbürgern geschaffen wurden. Art. 33 I verbietet, daß Deutsche unterschiedlich behandelt werden.

1. Vergleichbare Sachverhalte

a. Bundesdeutsche und Aussiedler

 (a) Beitragszahlungen begründen aufgrund der Charakteristik des Rentensystems (Generationenvertrag, Umlageverfahren) keine unterschiedlichen Sachverhalte.

 Die Rentenversicherung wurde 1957 in der Bundesrepublik neu gestaltet. Bei dem derzeitigen System handelt es sich um einen Generationenvertrag. Der Generationenvertrag funktionierte auch in Deutschland zuerst auf familiärer Ebene. Früher mußte die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter erstens für die Pflege der Eltern aufkommen, die Eltern zogen die Kinder groß, während dafür die Kinder ihre Eltern pflegten. Zweitens mußte man für die Zukunft (eigenes Alter) Sorge tragen, dies tat man, indem man eigene Kinder hatte. Dieses System funktioniert auch heute noch in vielen Gesellschaften. Der Nachteil dieses System ist: Obwohl jemand seine Leistungen erbracht hat, bleibt ein hohes Risiko bestehen. Die Kinder können sterben oder sich weigern ihrerseits Leistungen zurückzugeben.

Die sozialen Rentenversicherungssysteme können diese Risiken beseitigen. Wann ein bestimmtes Individuum stirbt, kann niemand vorhersagen. Bei ganzen Populationen kann man die Todeshäufigkeit voraussagen. Das Todesrisiko einzelner Beitragszahler wird damit berechenbar und die Kosten werden auf alle verteilt, so daß es zu keinen Härtefällen kommt. Hinzu kommt, daß die Beitragszahler ein Recht auf Leistungen erwerben, das bei Bedarf (im Alter) besser durchgesetzt werden kann. Der Anspruch richtet sich nun nicht mehr an einzelne Personen, sondern an eine staatliche Versicherung.

Die deutsche Rentenversicherung beruht auch auf zwei Säulen: Erstens müssen Beiträge gezahlt werden. Zweitens müssen zukünftige Beitragszahler (Kinder) erzogen werden. Die eingezahlten Beiträge werden gleich an die Rentner (Umlageverfahren, SGB VI, § 153, I) ausbezahlt. Es werden keine Rückstellungen vorgenommen, die erst bei Rentenantritt eines Mitgliedes ausbezahlt werden. Zur Zeit hat man aufgrund von Defiziten in der Rentenversicherung Schwierigkeiten genügend Beiträge zu erheben, um den Verpflichtungen gerecht zu werden.

Bei der Rentenversicherung werden nicht so wie bei einer Lebensversicherung nur die Leistungen ausbezahlt, die man während der Beitragszeit eingezahlt hat und den Gewinn aus diesen Beiträgen. Sie hat weiterhin eine dynamische Komponente, d.h. die Rente bleibt nicht gleich, sondern sie wird an die Produktivitäts- und Einkommensentwicklung angepaßt. Daher werden die Renten jährlich angepaßt.

Das Rentensystem funktioniert jedoch nur, wenn man nicht nur die erste Säule pflegt (d.h. Beiträge zahlt), sondern auch die zweite Säule nicht vernachlässigt, d.h. Kinder großzieht. Die Schwierigkeiten der Rentenversicherung haben hier ihre Ursachen. Sie sind nämlich in erster Linie auf die Überalterung der Bevölkerung zurückzuführen. Zweitens tragen Globalisierung und Rationalisierung zur Schrumpfung der Lohnquote bei. Lohnbasierte Rentensysteme, wo die Alterssicherung im wesentlichen über die Lohnquote funktioniert, sind davon besonders betroffen. Drittens sind nicht alle Bevölkerungsgruppen in die Altersversicherung eingebunden (Beamte, Selbständige) und viertens werden nicht alle personengebundenen Einkommen und Vermögen zur Alterssicherung herangezogen.

Im Jahre 1989 erstellte das Institut der deutschen Wirtschaft (iw) in Köln im Auftrag der Bundesregierung ein Gutachten "Die Integration deutscher Aussiedler - Perspektiven für die Bundesrepublik Deutschland" (ich zitiere aus einer Zusammenfassung mit Tabellenanhang). Darin wird festgestellt, daß sich "durch die Aussiedler-Integration mittel- und langfristig eindeutige und nachhaltige positive Wirkungen auf den Wirtschaftskreislauf, die Finanzlage der Gebietskörperschaften und des sozialen Sicherungssystems, die Bevölkerungsstruktur und den Arbeitsmarkt" ergeben. Die Aussiedler-Integration bewirkt danach "eine gravierende, weit ins nächste Jahrhundert reichende Entlastung der Kranken- und insbesondere der Rentenversicherung" (a. O. S. 6).

Dies wird auf die günstigere Altersstruktur der deutschen Aussiedler - aufgrund der um etwa 30/40% höheren Fruchtbarkeitsrate - zurückgeführt (Daten aufgrund der Zuwanderung von 1986 und 1988). Das Verhältnis bei Spätaussiedlern von Rentnern auf der einen und Erwerbstätigen auf der anderen Seite betrug ca. 1:4, während es in den alten Ländern ca. 1:2 war. Die günstigere Altersstruktur hat aber noch eine andere Ursache. Sie ist eine Folge des Zweiten Weltkrieges. Besonders die Generation der jetzigen Aussiedlerrentnern war von den Kriegsereignissen (Kriegshandlungen, Vertreibungen und Verschleppungen) und der darauf folgenden Benachteiligungen betroffen, daher die geringere Anzahl von Menschen über 60 Jahren unter den Aussiedlern im Vergleich zu Bundesdeutschen. Das Institut der deutschen Wirtschaft schätzte, daß es ab 1990 zu "enormen Überschüssen in der Rentenversicherung" (a.O. S. 12) kommen wird. Die gesetzliche Rentenversicherung werde per Saldo von Aussiedlern zweistellige Milliardensummen mehr einnehmen, als sie für Leistungen an Aussiedler ausgeben muß (a. O. Tabelle 7, S. 29 und 8, S. 30). "Als Fazit der Analysen des Gutachtens läßt sich festhalten: Die Integration der Aussiedler in die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland ist nicht nur eine prinzipiell lösbare, sondern auch eine wirtschaftlich, gesellschaftlich und sozial lohnende Aufgabe" (a. O. S. 20).

Die Politiker kennen diese Zusammenhänge. So warnte der CDU-Sozialexperte Volker Kauder MdB im Mannheimer Morgen vom 15.4.1997: "Wenn diese Leute (gemeint sind die Aussiedler) eine eigene Kasse aufmachen würden, läge der Beitrag bei nur zwölf Prozent". Gegenwärtig müssen aber die Kinder von Aussiedlern genau wie alle übrigen aber über 20 % einzahlen, Tendenz steigend.

Die Beitragszahler aus der Gruppe der Aussiedler sorgen somit dafür, daß die einheimischen Beitragszahler niedrigere Beiträge zu entrichten haben. Dazu MdB Walter Hirche (F.D.P.): "Wäre der Beitragssatz zur Rentenversicherung niedriger, wenn wir in Deutschland keine Aussiedler aufgenommen hätten? Denn diese Beiträge tauchen dann ja immer in der Liste sogenannter versicherungsfremder Leistungen auf. Dazu muß man sagen: Das Gegenteil ist der Fall; hätten wir keine Aussiedler in Deutschland, fiele der Beitragssatz zur Rentenversicherung um 0,3 Prozentpunkte höher aus. [...] Das heißt, die Ausgaben für die eingewanderten Rentner werden durch die Leistungen der ebenfalls eingewanderten Beschäftigten mehr als kompensiert." (siehe Parlaments Protokolle 13/185, 27.06.97 S.16793 D). Konkret: Die Gruppe der Aussiedler erzeugt einen Nettoüberschuß und entlastet die Rentenkasse.

Die Fremdrente ist daher kein Almosen oder Geschenk des deutschen Staates oder der bundesdeutschen Beitragszahler der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern sie setzt sich auch aus dem Geld zusammen, das Kinder von Aussiedlern monatlich in die Rentenversicherung einzahlen. Die Kürzung der Rente von Spätaussiedlern entbehrt daher jeder wirtschaftlichen Logik.

Das FRG dient zur Berechnung der Rente und sollte eine Gleichbehandlung der Aussiedler mit bundesdeutschen Rentenbeziehern garantieren. Es gibt keinen Unterschied zwischen Bundesdeutschen- und Aussiedlerfamilien in bezug auf den Generationenvertrag. Die Beitragszeiten sind nur einer neben mehreren Faktoren (Kindererziehungs-, Berücksichtigungs-, Anrechnungs- und Zurechnungszeiten), die bei der Berechnung der Rente herangezogen werden. Außerdem werden die Renten nicht nur aus Beitragsleistungen, sondern auch aus Steuern mitfinanziert, 1986 stammten ein Drittel der Mittel aus Steuergeldern, seither ist aufgrund der deutschen Einheit dieser Prozentsatz noch gestiegen.

Schon in den Beratungen zur Neufassung des Fremdrentengesetztes von 1960 spielte die Frage eine Rolle, ob ein Personenkreis, der keine Beiträge in die Rentenversicherung bezahlt hat, berechtigt ist, mit Bundesdeutschen vergleichbare Leistungen zu erhalten. Aufgrund der Charakteristika des deutschen Rentensystems (Generationenvertrag, Umlageverfahren) wurde die Frage bejaht (vgl. Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucksache 1109).

(b) Vergleichbare Personengruppen: Aussiedler erhalten Fremdrente genau wie Bundesdeutsche nur für die Zeiten, in denen sie in die gesetzlichen Rentenversicherungen der Herkunftsländer eingezahlt haben.

Die Beitragszahlungen erfüllen zwei Funktionen:

Erstens werden damit die Renten der Generation der Väter bezahlt. Nur diejenigen Aussiedler erhalten Renten nach dem FRG, die selber in die gesetzlichen Rentenversicherungen Ihrer Heimatländer Beiträge eingezahlt haben, und nur für die Zeit, in der sie Beiträge entrichtet haben, genauso wie Bundesdeutsche. Zeiten, in denen keine Beiträge entrichtet wurden, und Personen, die keine Beiträge gezahlt haben, haben keine Ansprüche nach FRG.

Die Beiträge von Aussiedlern wurden genauso wie die Beiträge der Bundesdeutschen für die Altersvorsorge der Generation der Eltern verwendet.

Zweitens dienen in der Bundesrepublik die Beitragszahlungen für die Berechnung der Renten. Aufgrund des Eingliederungsprinzips (vgl. unten), das eine Gleichbehandlung der deutschen aus Ost- und Mittelosteuropa mit den Bundesdeutschen gebietet, wurde das FRG geschaffen. Das FRG dient für die Aussiedler als Berechnungsgrundlage.

Eine Unterscheidung zwischen Bundesdeutschen und Aussiedlern ist daher aus den oben genannten Gründen unzulässig.

b. Zuzug von Aussiedlern vor bzw. nach dem 31.12.1990

§ 22 IV FRG findet gem. Art. 6 § 4 va FANG keine Anwendung auf Personen, die vor dem 1.1.1991 ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik ohne die Beitrittsgebiete genommen haben. Bei beiden Personengruppen handelt es sich um einen vergleichbaren Sachverhalt. Keine sachlichen Gründe für Unterscheidung sind erkennbar.

c. Aussiedler aus Polen, Heimatlose Ausländer u.a. auf der einen und Aussiedler aus anderen Vertreibungsgebieten auf der anderen Seite

Bei Aussiedlern aus Polen und den anderen Vertreibungsgebieten handelt es sich um vergleichbare Sachverhalte, da es sich immer um Mietglieder der deutschen Minderheiten in den Vertreibungsgebieten handelt.

2. Unterschiedliche Behandlung

Durch die Kürzung der Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,7 wird wesentlich Gleiches ungleich behandelt. Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 3 I GG ist damit gegeben.

a. Bundesdeutsche und Aussiedler

Durch die 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung der Renten von Aussiedlern werden diese im Vergleich zu Bundesdeutschen Rentenbeziehern ungleich behandelt. Damit wird wesentlich Gleiches ungleich behandelt.

b. Zuzug vor bzw. nach dem 31.12.1990

§ 22 IV FRG findet gem. Art. 6 § 4 va FANG keine Anwendung auf Personen, die vor dem 1.1.1991 ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik ohne die Beitrittsgebiete genommen haben. Diese Personengruppen werden unterschiedlich behandelt.

c. Aussiedler aus Polen, Heimatlose Ausländer u.a. auf der einen und Aussiedler aus anderen Vertreibungsgebieten auf der anderen Seite

 Aussiedler aus Polen und den anderen Vertreibungsgebieten werden aufgrund des Abkommens vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung nebst der Vereinbarung hierzu vom 9. Oktober 1975 (Bundesgesetzblatt 1976 Teil II, S. 393 ff.) unterschiedlich behandelt.

3. Gleichbehandlung geboten, Ungleichbehandlung verboten

a. Gleichbehandlung geboten (Art. 3 I).

Es gibt, wie oben gezeigt wurde, keine sachlichen Gründe für die vom Gesetzgeber gemachten Unterscheidungen zwischen Aussiedlern und Bundesdeutschen auf der einen Seite und zwischen Aussiedlern untereinander. Sachliche Gründe für die verschiedenen Unterscheidungen sind nicht ersichtlich. Daher ist eine Gleichbehandlung von Aussiedlern und Bundesdeutschen Rentenbeziehern unerläßlich.

Die Kürzungen werden mit der allgemein schlechten Finanzlage begründet. Das BVerfG hat insoweit zu Recht betont, daß sich der Gleichheitssatz "auch in Zeiten der Verknappung, der dem Staat zur Verfügung stehenden Mittel, nicht nur bei der Vergabe von Überfluß" bewähren muß (BVerfGE 60, 16, 43; 64, 158, 169).

b. Ungleichbehandlung aufgrund Art. 3 III, 33 I verboten.

Im Gegenteil: Eine Gleichbehandlung ist verfassungsrechtlich aufgrund Art. 3 III und Art. 33 I geboten.

 (a) Artikel 3 III GG.

Aufgrund des Differentierungsverbots in Art. 3 III darf niemand wegen seiner Heimat und Herkunft bevorzugt oder benachteiligt werden. Der Kläger wird als Aussiedler, da es keine sachlichen Gründe für eine Unterscheidung gibt, nur wegen seiner Heimat und Herkunft benachteiligt.

(b) Artikel 3 I in Verbindung mit Artikel 33, I GG, Art. 1 GG und Art. 116 GG.

 Gemäß Artikel 33, I GG hat jeder Deutsche die gleichen Staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

Während der Bonner Republik erfuhren alle Aussiedler eine Gleichbehandlung, die Ihnen expressis verbis auch vom Grundgesetz zugesichert wurden. Gemäß Artikel 33, I GG hat jeder Deutsche die gleichen Staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

Die Formulierung "Jeder Deutsche" muß hier im Sinne des Artikels 116 GG verstanden werden. In den Beratungen des Parlamentarischen Rats wurde ein Antrag verworfen, der die Formulierung "Jeder Deutsche" durch "Jeder Bundesangehörige" ersetzen wollte. In den Beratungen wurde hervorgehoben, daß man hierin nicht nur alle Bundesbürger, sondern alle Deutsche im Sinne des Grundgesetzes (Art. 116) einbeziehen wollte (vgl. Parlamentarischer Rat, 27. Sitzung, S. 326 ff.).

Der Kläger hat seine Pflichten erfüllt: Erstens hat er 45 Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung bezahlt. Von diesen Geldern wurde die Rente der Generation seiner Väter finanziert. Zweitens hat er 4 Kinder großgezogen.

Trotzdem werden seine Rechte nicht im vollen Umfang gewährt, sondern nur gemindert um eine Sonderabgabe von 30/40 Prozent. Damit ist ein Verstoß gegen Art. 3 I in Verbindung mit Art. 33 I gegeben.

 (c) Artikel 1 GG.

Während und nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Deutschen in den sogenannten Vertreibungsgebieten, ehemaliger Ostblock plus Albanien, China und Jugoslawien (vgl. Bundesvertriebenengesetz BVFG, § 1, II, Nr. 3), auf deutscher Seite die meisten Opfer zu erbringen. Außerdem wurden die deutschen Minderheiten in diesen Ländern zu Bürger zweiter Klasse.

Es ist keineswegs so, daß aufgrund des Art. 116 GG alle Nachkommen von Deutschen, die irgendwann aus Deutschland ausgewandert sind, ein Recht auf Einbürgerung und Eingliederung haben, wie viele Politiker trotz besserem Wissen seit Jahren dem staunenden Publikum erklären. Die allein in den USA auf über 50 Millionen bezifferten Nachfahren von Deutschen sind von diesen Regelungen nicht betroffen bzw. können sie nicht in Anspruch nehmen.

In Anerkennung und Würdigung dieser Tatsachen haben die Väter des Grundgesetzes Art. 33, I und Art. 116 ins Grundgesetz aufgenommen. Der Gesetzgeber hat aufgrund dieser Bestimmungen, des Eingliederungsprinzips etc. das Fremdrentengesetz, Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz, Lastenausgleichgesetz erlassen und damit die Gleichbehandlung und Eingliederung der Deutschen aus Ost- und Mitteleuropa zunächst bewerkstelligt.

Das Rentenreformgesetz von 1992 verläßt durch die 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung und die Nichteingliederung des Fremdrentenrechts in das SGB die in der Bonner Republik geltende Gleichbehandlung der Deutschen aus den Vertreibungsgebieten mit den Bundesdeutschen und deklassiert sie dadurch zu "Deutschstämmigen", d.h. zu Deutschen zweiter Klasse.

Viele Menschen anderer Nationalität (Türken, Griechen, Italiener etc.), die in Deutschland geboren sind und Deutsch besser beherrschen als Ihre Muttersprache, werden sowohl in Deutschland als auch in den Herkunftsländern als Türken, Griechen, Italiener etc. betrachtet und behandelt. Weder spricht in diesem Zusammenhang jemand von Türkischstämmigen etc., noch gibt es in diesen Ländern eine Deklassierung dieser Bevölkerungsgruppe. Solche Unterscheidungen gab und gibt es nur in Deutschland.

Mit der Differenzierung zwischen Deutschen auf der einen und Deutschstämmigen auf der anderen Seite wird wieder eine Entwicklung in Deutschland in Gang gesetzt, die durch das Grundgesetz ausdrücklich verhindert werden sollte.

Alle Repräsentanten des Deutschen Reiches sowie die Öffentlichkeit haben immer von den deutschen Brüdern und Schwestern im Osten gesprochen, gemeint waren die Mitglieder der deutschen Minderheiten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa. Nachdem diese Menschen unter deutscher Verwaltung standen, hat man die Brüder und Schwestern aber nicht gleich behandelt, sondern durch die Deutsche Volksliste, die vier Abteilungen kannte, Unterscheidungen ganz im Sinne der nationalsozialistischen Reinheitslehre vorgenommen. Während des Dritten Reiches gab es vor allem im besetzten Polen vier verschiedene Gruppen von Deutschen, die zwar gleiche Pflichten aber ungleiche Rechte besaßen. Die Mitglieder der ersten beiden Gruppen bekamen die deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt, die der dritten Gruppe erhielten diese auf Widerruf und die vierte Gruppe wurden nur Anwärter auf die deutsche Staatsangehörigkeit. Aus den ehemaligen deutschen Minderheiten wurden über Nacht "schwebendes Volkstum", deren Reinrassigkeit Probleme bereitete.

Diese aus der Reinheit der Rasse geborenen Unterscheidungen, sollte nach dem Willen der Väter des GG endgültig der Vergangenheit angehören. Heute (Berliner Republik) wird nicht mehr die Reinheit der Rasse dafür aber die Reinheit der Nation beschworen. Sowohl im linken wie rechten politischen Lager hat sich diese primitive Argumentationsfigur hartnäckig als "gesunkenes Kulturgut" erhalten. Schließlich waren die Nazis sowohl Nationalisten als auch Sozialisten.

Auch alle Repräsentanten der Bundesrepublik (Bonner Republik) sowie die Öffentlichkeit haben den deutschen Minderheiten in der Bundesrepublik über Jahrzehnte eine Heimat angeboten, wo diese als Gleiche unter Gleichen leben konnten. In der Berliner Republik werden nun aus gleichberechtigten Staatsbürgern "Deutschstämmige", die nur ein Interesse an den Töpfen im Westen haben.

Der Kläger und seine Familie haben sich zur deutschen Nation auch in Zeiten bekannt als dies mit Vertreibung, Deklassierung, Enteignung und Plünderung verbunden war, ja darüber hinaus lebensgefährlich war. Er selber ist deutsch sozialisiert, d.h. in deutsche Schulen, deutsche Kirche (evangelisch-lutherisch A.B. – Augsburger Bekenntnis) gegangen. Auch seine Kinder wurden trotz Benachteiligungen deutsch sozialisiert. Daher betrachtet er es als besonders gravierend, wenn in der politischen Auseinandersetzung unterstellt wird, daß Aussiedler nun plötzlich ihre deutsche Zugehörigkeit entdeckt hätten. Weitaus gravierender ist es, daß der Gesetzgeber Aussiedler im Gesetzgebungsprozeß willkürlich benachteiligt.

Der Gesetzgeber hat durch die Einführung solcher Unterscheidungen erstmals den seit Jahrzehnten bestehenden Verunglimpfungen selber unterstützt. Die Vertriebenen und Flüchtlinge wurden nach dem Zweiten Weltkrieg als "Rucksackdeutsche" diffamiert. Alle gesetzlichen Regelungen (Fremdrentengesetz, Ausgleichgesetz etc.) entstammen aber einem anderen Geist. Durch diese vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidungen wird erstmals von staatlicher Seite den primitiven nazistischen Argumenten eine höhere Weihe gegeben. Zwar wird diese Bezeichnung "Deutschstämmige" nicht benutzt, aber erstmals wird, trotz besserem Wissen (vgl. oben) eine Benachteiligung eingeführt.

Vor allem aufgrund des Zweiten Weltkrieges wurden die Deutschen in Ost- und Südosteuropa in ihren Heimatländern zu Bürgern zweiter Klasse. Eine Benachteiligung, die nach wie vor in diesen Ländern in etwas abgemildert weiter besteht. Nun werden diese Menschen auch in der Berliner Republik zu Bürgern Zweiter Klasse. Das Rentenreformgesetz von 1992 bildet dazu den ersten Schritt, 1996 haben sich im Rentenbereich diese Benachteiligungen noch vergrößert. Das Eingliederungsprinzip steht jedoch nicht zur Disposition des Gesetzgebers, sondern bildet ein Verfassungsprinzip.

Diese Einteilung in verschiedene Gruppen deutscher Staatsangehöriger verletzt die Würde des Menschen. In Rumänien war Herr Lauer rumänischer Staatsbürger, deutscher Nationalität, in Deutschland ist er nun deutscher Staatsbürger, deutschstämmiger Nationalität. Deklassierung, Enteignung und Plünderung haben er und seine Familie in Rumänien über Jahrzehnte erfahren. Niemand hat in Rumänien seine Identität in Frage gestellt. Durch die Klassifizierung als Aussiedler gleich Deutschstämmiger wird er in seiner Würde verletzt. Alle Deutsche aus den Vertreibungsgebieten werden wie Objekte behandelt. Je nachdem, ob es dem deutschen Staat bzw. den herrschenden Gruppen opportun erscheint, werden je nach Gutdünken alle oder nur ein Teil der Aussiedler unterschiedlich behandelt. Daher ist nicht nur Art. 3 und 33, sondern auch Art. 1 I GG verletzt.

Es ist sehr befremdlich, daß nicht das Grundgesetz die deutschen Aussiedler aus Polen vor einer Ungleichbehandlung und Diskriminierung schützt, sondern ein Abkommen mit einer kommunistischen Diktatur. Sowohl die Bestimmungen des Artikels 3 als auch des Artikels 33 lassen keine Zweifel, daß alle Deutsche (im Sinne des Art. 116 GG) aus den Vertreibungsgebieten genauso wie andere Bundesbürger gleich behandelt werden müssen.

 II. Verstoß gegen Art. 6 I GG.

Außerdem verstößt die 30/40 %- Zusatzreduzierung (§ 22 Abs. 4 FRG) gegen Art. 6 I GG.

Gemäß Art 6 I GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates.

Durch die 30/40 % Zusatzreduzierung wird die Rente des Klägers um ca. 700 DM monatlich verringert. Wenn seine Frau ab nächstes Jahr auch in Rente geht, werden sie zum Sozialfall. Der Kläger hat 45 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt und 4 Kinder erzogen. Durch diese Vorschrift wird seine Familie extrem belastet, da Sie für ihn und seine Frau ab 1999, wenn seine Frau in Rente geht, auch noch finanziell aufkommen muß. Daher ist dieser Eingriff unzumutbar.

Die Rente umfaßt nur einen Teil des Generationenvertrages, der die Grundlage des gesamten bundesdeutschen sozialen Sicherungssystems bildet. Unterschiedliche Institutionen sind für unterschiedliche soziale Risiken und Personenkreise zuständig. Dies spiegelt die historische Durchsetzung von Gruppeninteressen in den letzten 100 Jahren wieder. Sowohl Leistungsüberschneidungen als auch Leistungslücken (paradox bei den Ausgaben) kennzeichnen das soziale Sicherungssystem.

Nicht nur die Aussiedler (diese ganz besonders aufgrund der vielen kinderreichen Familien) werden bei den sozialen Sicherungssystemen benachteiligt, sondern alle Familien in der Bundesrepublik, die mehr als ein Kind haben. Weil etwa die Altersvorsorge nahezu vollständig sozialisiert die Kindererziehungslast dagegen weiterhin überwiegend privat bleibt. "Der Unterhalt der alten Generation ist zu fast 100% kollektiviert, derjenige der nachwachsenden Generation dagegen nur zu ca. 25%" (F.X. Kaufmann: Herausforderungen des Sozialstaates. 1997, S. 78). Aber auch bei der Krankenversicherung und erst recht bei der Pflegeversicherung fließen Gelder von Mehrkinderfamilien zu kinderlosen und kinderarmen Familien. "Die Fachwelt spricht hier auch von ´inverser Solidarität´: Die Schwachen tragen die Starken" (Jürgen Borchert: Schlag gegen die Familie. In: Die Zeit vom 17.12.1993, S. 21). Allein "der monetäre Aufwand einer Zwei-Kind-Familie für die Erziehung ihrer Kinder (bis 18 Jahre) (wird) auf gut 300.000 DM geschätzt." "Die unentgeltlichen Investitionen der Familie sind also nahezu doppelt so hoch wie die gesamten Wirtschaftsinvestitionen" (Kaufmann a.O. S. 105 ff). Diese Ergebnisse waren Anfang der 90er Jahre auch für die Fachwelt verblüffend. "Der unsoziale Rechtsstaat" (Ferdinand Oeter), "Innenweltzerstörung" (Jürgen Borchert), "soziales Chaos" (Wolfgang Zeidler), "Ungeheuerlichkeit" (Paul Kirchhof), "Wechselreiterei zu Lasten der neuen Generation" (Peter Krause), "Umverteilungssystem äußerster Asozialität", "Frondienst der Familien", Generationenbetrug" (Dieter Suhr) waren die eindeutig und einhellig verheerenden Urteile der Fachwelt (eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse bietet: Dieter Suhr: Transferrechtliche Ausbeutung und verfassungsrechtlicher Schutz von Familien, Müttern und Kindern. In: Der Staat. 1990, S. 69 – 86). Das Bundesverfassungsgericht stellte in seinem "Familienurteil" vom 7.7.1992 (BVerfGE 87, 1 ff., vgl. Entscheidung vom 12.3.1996) dazu fest, daß die Benachteiligung der Familie im sozialen Sicherungssystem nicht länger hinnehmbar sei. Sie ist mit dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3, I) des Grundgesetzes und dem staatlichen Schutzauftrag gegenüber der Familie (Art. 6, I) unvereinbar.

Aufgrund des Umlageverfahrens werden die Beiträge gleich verteilt, d.h. es werden keine Rücklagen gebildet. Die Rücklagen bilden die Kinder, d.h. die zukünftigen Beitragszahler.

Aussiedler haben höhere Rücklagen und damit Rentenanwartschaften durch die Erziehung von Kindern (Verhältnis von Erwerbstätigen zu Rentnern beträgt bei Aussiedlern 1 zu 4 bei Bundesdeutschen 1 zu 2) gebildet.

Die Aussiedler leisten erstens einen Solidarbeitrag. Zweitens gehören sie zu den wirtschaftlich benachteiligten Gruppen dieser Gesellschaft. Der Sinn öffentlicher Sozialversicherungssysteme liegt gerade darin, daß auch Bedarfsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Das Prinzip der Beitragsäquivalenz gilt nur bei einer privaten Versicherung. Aussiedler müßten daher Empfänger von Solidarität sein. Das Gegenteil ist der Fall: Es findet eine "inverse Solidarität" statt.

Der Gipfel besteht darin, daß Politiker trotz besserem Wissen Aussiedler als Sündenböcke für die systembedingten Fehlentwicklungen in der Rentenversicherung beschuldigen. Auch wenn die Aussiedler überhaupt keine Fremdrente mehr erhalten sollten, so wären damit die Schwierigkeiten der Rentenversicherung nicht überwunden. "Die Diskussion um ´versicherungsfremde Leistungen´ ist somit nur ein scheinrationaler Nebenkriegsschauplatz" (Kaufmann a.O. S. 17). Es fehlen Visionen und Konzepte, mit deren Hilfe man in zwanzig bis dreißig Jahren den Sozialstaat sichern kann. Anstatt Konzepte zu entwickeln, die für alle Beteiligten einen Mehrwert bringen, inszenieren viele Politiker nur Nullsummenspiele, Westdeutsche gegen Ostdeutsche und Aussiedler, Familien mit Kindern gegen Kinderlose, Jung gegen Alt, Arbeitnehmer gegen Beamte und Selbständige.

Aufgrund dieser von allen Experten anerkannten Leistungen der Aussiedler verbietet sich geradezu eine Diffamierung der Fremdrente als ungerechtfertigte Leistung.

Bei der Berechnung der Rente werden vor allem die Beitragsleistungen berücksichtigt, Kinder und Kindererziehung werden nicht ihrer Bedeutung entsprechend angerechnet.

Kinderlose mittlerweile ca. 20 % der Bevölkerung und Einkindfamilien (ca. 30 %) zahlen während Ihres Berufslebens mehr Beiträge und können sich auch dadurch, daß sie für Kindererziehung weniger leisten als kinderreiche Familien, sich einen höheren Lebensstandard erarbeiten. Aufgrund der erstens zu hohen Berücksichtigung der Beitragszahlungen und zweitens Vernachlässigung der Kindererziehungslast erhält dieser Personenkreis im Vergleich zu kinderreichen Familien eine unangemessen hohe Rente.

Die Rente sichert die Wahrung des einmal erreichten Lebensstandards durch ihre dynamische Komponente. Kinder von kinderreichen Familien sichern damit zwangsweise den Lebensstandard von kinderlosen und kinderarmen Familien. Weiterhin wird die Pflegeversicherung als Instrument zur Erbschaftssicherung von dieser Gruppe mißbraucht, da diese Versicherung verstärkt Personen in Anspruch nehmen werden, die keine Kinder haben, die sie pflegen könnten. Der Generationenvertrag, auf dem alle sozialen Sicherungssysteme beruhen, hat folglich eine Plünderung der Familie zur Folge.

Die Aussiedler sind von diesen Regeln besonders betroffen, aufgrund der Tatsache, daß es sich im Vergleich mit anderen Bevölkerungsgruppen um kinderreiche Familien handelt. Die Erwerbstätigen Aussiedler müssen genauso viel in die Rentenversicherung einzahlen wie andere, die eigenen Eltern können nur bedingt die damit verbundenen finanziellen Hilfen in Anspruch nehmen. Die Aussiedlung ist mit einem finanziellen Ruin verbunden. Alle müssen in Deutschland von Null anfangen, hinzu kommt noch, daß auch die verschiedenen Fähigkeiten entwertet werden (Ausbildungen und Berufe werden nicht anerkannt bzw. teilweise entwertet).

Die 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung bewirkt bei den Betroffenen, daß sie unmittelbar auf familiäre und staatliche Leistungen zurückgreifen müssen. Die ältere Generation der Aussiedler ist damit weitaus auf familiäre Hilfen angewiesen. Die Erwerbstätigen Aussiedler müssen erstens wesentlich höhere Beiträge zahlen, wie wenn Aussiedler eine eigene Rentenkasse hätten (8 % mehr vgl. oben), Ihre Eltern erhalten dafür 30/40 % weniger, so daß sie auf staatliche Leistungen zurückgreifen müssen. Staatliche Leistungen werden aber nur gewährt, wenn die familiäre Ebene versagt, d.h. das erwerbstätige Aussiedler werden nochmals belastet.

Damit ist ein Verstoß gegen Art. 6 I GG gegeben.

 III. Verstoß gegen , Art. 2 I i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 III, sowie Art. 14 I S. 1 GG..

Außerdem verstößt die 30/40 %- Zusatzreduzierung (§ 22 Abs. 4 FRG) gegen Art. 14 I GG. Es ist unstreitig, daß Rentenanwartschaften unter den Schutzbereich des Art. 14 fallen. Weiterhin verstößt diese Regelung gegen Art. 2 I i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 III.

Zur Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs vergleiche Matthias Dominok: Sparen ohne Grenzen? Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs. 4 FRG i.V.m. Art. 6 § 4 c FANG. In: Die Rentenversicherung. 38. Jahrgang, Juli 1997, Heft 7, S. 121-128. Der Beitrag liegt bei. Mit der 30/40-% verhält es sich genauso wie mit der 40% Zusatzreduzierung.

Damit ist ein Verstoß gegen Artikel 14 I S. 1 GG gegeben.

 C. Fazit: Die 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung bildet eine gesetzlich verordnete Deklassierung, Enteignung und Plünderung.

Die Aussiedler haben ihre Pflichten erfüllt: Erstens haben sie Beiträge in die gesetzlichen Rentenversicherungen bezahlt. Von diesen Geldern wurde die Rente der Generation ihrer Väter finanziert. Zweitens haben sie Kinder großgezogen. Daher haben sie einen berechtigten Anspruch, daß aus den Beiträgen, die ihre Kinder in die deutsche Rentenversicherung zahlen, auch sie gleichberechtigt mit anderen Beitragszahler behandelt werden. Die Aussiedler erkennen die soziale Komponente des Generationenvertrages an: Sie verlangen nicht, daß sie Ansprüche, wie es etwa bei einer Lebensversicherung üblich wäre, auf alle Beiträge Ihrer Kinder haben. Sie haben keine Probleme damit, daß sie Überschüsse in die Rentenversicherungen leisten und fordern auch keine Rentenversicherung für Aussiedler. Aber sie fordern zu recht eine Gleichbehandlung.

Aussiedler müssen als Sündenböcke für die schlechte finanzielle Lage u.a. in den Rentenkassen herhalten, obwohl alle Experten einhellig der Meinung sind, daß sie diese Kassen nicht nur nicht belasten, sondern im Gegenteil erheblich entlasten. Auch der Kläger ist persönlich von diesen Zusatzreduzierungen betroffen.

Die 30/40-Prozent-Zusatzreduzierung bildet eine gesetzlich verordnete Deklassierung, Enteignung und Plünderung einer wehrlosen Minderheit. Die Millionen Deutschen aus Ost- und Mitteleuropa, die unter den nationalistischen Verwerfungen dieses Jahrhunderts neben den Juden am meisten gelitten haben, vertrauen darauf, daß das BVerfGE dieser Regelung nicht durch juristische Spitzfindigkeiten den moralischen Anstrich verpaßt.

Die wichtigsten Änderungen des Steuerrechts fielen in der Berliner Republik erst nach entsprechenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts über das Existenzminimum, die Zinsbesteuerung, das Kindergeld und die Einheitswerte. Das Familienurteil von 1992 und ein zukünftiges Urteil über die Fremdrente könnten endlich in der Rentenpolitik wirkliche "Jahrhundertwerke" entstehen lassen. Solange die Politik auf Sündenböcke zurückgreifen und durch unberechtigte Kürzung von Ansprüchen notwendige Entscheidungen verschieben kann, sind in der Rentenversicherung keine entscheidenden Änderungen zu erwarten.

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