Siebenbürger Sachsen - gestern, heute, morgen.
Von einer festen Burg zu einem offenen Club
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1.1 Fragestellung |
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Die Siebenbürger Sachsen können auf eine über 850-jährige
Geschichte zurückblicken. Diese Bevölkerungsgruppe hat im Laufe von fast neun
Jahrhunderten, unter Wahrung ihrer Eigenständigkeit, sechs verschiedenen Staaten
angehört:
- von der Ansiedlung um die Mitte des 12.
Jahrhunderts bis 1541 zum mittelalterlichen Königreich Ungarn;
- von 1541 bis 1699 zum autonomen Fürstentum
Siebenbürgen unter der Oberherrschaft des osmanischen Reiches;
- 1699 bis 1867 zu Österreich;
- 1848 bis 1849 für kurze Zeit zum revolutionären
Ungarn; nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 bis 1918
zum ungarischen Teil der habsburgischen Doppelmonarchie;
- seit 1918 zu Rumänien;
- seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundertes
übersiedelten
immer mehr Menschen nach Deutschland, so dass am Ende des letzten
Jahrhunderts die überwiegende Mehrheit der Siebenbürger Sachsen auch in
staatsnationalem Sinne Deutsche sind. Andere leben heute in Österreich,
den Vereinigten Staaten, in Kanada und anderen Staaten, in
die sie die Kriegs- und Nachkriegsereignisse oder auch die eigene freie
Entscheidung verschlagen haben (Gündisch 1999,
Kroner 2001).
In diesem Beitrag möchte ich auf folgende Fragen kurz
eingehen:
- Wer sind die Siebenbürger Sachsen?
- Warum wanderten sie im 12. Jahrhundert in
Siebenbürgen ein?
- Wie ist diese relativ kleine Gruppe entstanden und wie
konnte diese über Jahrhunderte Bestand haben?
- Warum wanderte die überwiegende Mehrheit in der
letzten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus (Aussiedlung)?
- Welche siebenbürgisch-sächsischen Institutionen
gibt es heute?
- Wie sieht die Zukunft der Siebenbürger Sachsen aus?
1.2 Geographische Lage Siebenbürgens |
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Siebenbürgen, rumänisch Transilvania, ungarisch Erdély
ist das "Land jenseits der Wälder" (lateinisch: trans silva oder ultra silvas).
Die unterschiedlichen Bezeichnungen für das Land im Karpatenbogen zeugen von den unterschiedlichen
Bewohnern und deren Sprachen: Deutschen, Rumänen und Ungarn, dazu kamen noch
Zigeuner, Juden, Serben, Griechen etc.
Siebenbürgen
liegt im südöstlichen Mitteleuropa, im südöstlichen Teil des Karpatenbeckens
und ist die Zentralregion Rumäniens. Die staatliche Zugehörigkeit
Siebenbürgens hat sich im Laufe mehrfach geändert.
"Siebenbürgen ist ein stark gegliedertes
Hügel- und Bergland, das von Westen nach Osten und von Norden nach Süden
allmählich ansteigt und vom Kranz der Ost- und Südkarpaten sowie den
Siebenbürgischen Westgebirgen wallartig umschlossen ist. Seine
Nord-Süd-Erstreckung beträgt 280 km, seine Ost-West-Ausdehnung 310 km. Mit
einer Gesamtfläche von nahezu 56000 km² ist es etwas kleiner als die beiden
Bundesländer Baden-Württemberg und Hessen. Im Norden grenzt Siebenbürgen an
Sathmar (Satu Mare), die Maramuresch und das südliche Buchenland (Bukowina),
im Osten an die Moldau (Moldova), im Süden an die Große Walachei (Muntenien)
und an die Kleine Walachei (Oltenien) und im Westen an das Banat und an das
Kreischgebiet (Crisana)" (Heltman
).

Karte: Hans-Werner Schuster |
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1.3 Herkunft des Namens "Siebenbürger Sachsen" |
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Im 12. Jahrhundert beruft
der ungarische König Geisa II.
(1141-1161) Siedler nach Siebenbürgen und siedelt
diese auf den so genannten Königsboden an. Es sind in der
überwiegenden Mehrheit deutsche Siedler aus dem
Rhein-Mosel-Luxemburg-Gebiet, die im neuen Siedlungsgebiet zu einem neuen
deutschen Volkstamm (vgl. Ostsiedlung), den Siebenbürgern Sachsen,
zusammenwachsen. Es wird der kleinste Neustamm sein. Die
Höchstzahl betrug 1941 in Siebenbürgen 247.926 Personen, bei der Ansiedlung wird die Zahl auf 520 Familien, etwa 2600
Personen geschätzt (Gündisch 1998: 33). Infolge von Aussiedlung, Flucht,
Krieg und Vertreibung leben jetzt am Anfang des 21. Jahrhunderts die überwiegende
Mehrheit in Deutschland und eine jeweils geringe Zahl in
Siebenbürgen/Rumänien, Österreich, USA und Kanada. In all diesen Ländern gibt es
heute noch siebenbürgisch-sächsische Institutionen (vgl.
Liste siebenbürgisch-sächsischer Institutionen weltweit).
Einzelne leben auch in anderen Ländern (Kroner 2001).
Am 20. Dezember 1191 wird in einer Urkunde in
Rom die Ecclesia Theutonicorum Ultrasilvanorum, die Kirche der
Teutonen (Deutschen) jenseits der Wälder, erstmals erwähnt (Philippi 1991).
"Flandrenses", eine andere Bezeichnung, wird nur im Mittelalter
verwendet.1206 taucht erstmals die Bezeichnung "Saxones" auf, diese
wird sich dann über die Jahrhunderte durchsetzen. Damit ist weder eine nationale Zugehörigkeit
noch ein Herkunftsgebiet gemeint, sondern nur ein Rechtsstatus. Viele
der Siebenbürger Sachsen, die auf dem Komitats- und nicht auf dem
Königsboden wohnten, hatten diesen Rechtsstatus nicht. Andererseits kamen mit den
Siedlern auch "Latini", die Wallonen, die führende Stellungen unter
den Siedlern einnehmen und unter den Saxones aufgehen (Gündisch 1998:28 ff.,
Philippi 1991: 25,
Wagner 1998). Von 1867 bis
1918 kann man auch von Ungarndeutschen sprechen (von Deutschen, die
in Ungarn lebten), weil Siebenbürgen zum ungarischen Teil der
habsburgischen Doppelmonarchie, zu Transleithanien gehörte. Transleithanien (lateinisch "Land jenseits der Leitha")
war die inoffizielle Bezeichnung für
die ungarischen Reichshälfte, das Gegenstück dazu war Cisleithanien (lateinisch
"Land diesseits der Leitha" von Wien aus gesehen). Im ungarischen Teil
der Donaumonarchie lebten 1910 über 2 Millionen Deutsche, davon waren
231.403 Siebenbürger
Sachsen.
Seit
1918, als Siebenbürgen an Rumänien angeschlossen wurde, wird auch die
Bezeichnung "Rumäniendeutsche" verwendet (von Deutschen,
die in Rumänien leben bzw. lebten). Neben den Siebenbürgern
Sachsen gehören zu dieser Gruppe die Banater und Sathmarer Schwaben,
Bukowina-, Bessarabien- und Dobrudschadeutsche sowie die Deutschen im
Altreich bzw. Altrumänien (Moldau und kleine bzw. große Walachei, Oltenien und Muntenien). Zwischen diesen unterschiedlichen Gruppen
gab und gibt es vielfältige Beziehungen und auch gemeinsame Institutionen
(z.B. die Evangelische Kirche, das Forum), es konnte sich aber
zwischen ihnen kein ähnliches
Zugehörigkeitsgefühl entwickeln wie zwischen den Siebenbürgern Sachsen
untereinander. Jede
Gruppe hat Ihre eigenen Institutionen.
1.4 Wappen und Logos |
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Wappen sind im 12. Jahrhundert
entstanden, als individuelles und konkretes Erkennungszeichen, das
die Unterscheidung im Kampf zwischen Freund und Feind ermöglichte. Sie
hatten eine kennzeichnende und auf Fernwirkung abzielende Funktion. Später
erhalten z.B. Stadtwappen auch Repräsentationscharakter. Der
militärische Ursprung wird auch dadurch deutlich, dass der Begriff
„Wappen" sprachgeschichtlich verwandt mit dem Begriff „Waffen" ist
(Hildebrandt/Biewer 1998,
Heraldik im Netz).
Das heutige Logo hat teilweise die Funktionen des Wappens übernommen und
dient als Erkennungszeichen sowie Orientierungshilfe: schnell
erkennbar, klar identifizierbar. Im Unterschied zum Wappen ist das Logo in
der Regel kein individuelles und konkretes Erkennungszeichen, sondern ein
abstraktes Symbol (Birkigt/Stadler/Funck 1998, Franck 1999,
Daldrop
1997). Sicherlich haben sich auch einige Wappen von
einem individuellen zu einem abstrakten Symbol entwickelt, so auch die
siebenbürgisch-sächsischen Wappen, die in ihren schwarz-weiß-Versionen mit
keiner siebenbürgisch-sächsischen Institution eindeutig in Verbindung
gebracht werden können.
Die sieben Burgen in den Wappen der
Siebenbürger Sachsen stehen für die Sieben Stühle als administrative
Einheiten der Hermannstädter Provinz mit dem Hauptstuhl Hermannstadt (Schäßburg,
Mühlbach, Großschenk, Reußmarkt, Reps, Leschkirch und Broos). Im Laufe der Jahrhunderte waren mehrere Wappen im Umlauf. Seit neuestem wurden auch verschiedene Logos entwickelt. Anbei einige Beispiele von Wappen und
von Robert
Linz entworfene Logos (vgl. Siebenbürger Wappen Fibel
und
Lauer 2001):
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